41. BMW Berlin-Marathon am Sonntag, 28.09.2014

Deutschland hatte sich im Juli den 4ten Stern durch den 1:0 Sieg in der Verlängerung über Argentinien bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien geholt.

Ich wollte mir meine 4. Medaille beim diesjährigen Berlin-Marathon erlaufen.

Die Organisatoren des Berlin-Marathons hatten sich im vergangenen Jahr eine gravierende Änderung der Anmeldemodalitäten einfallen lassen. Drei Jahre lang wurden die Startplätze nach Kontingenten vergeben, d.h. die ersten 15.000 Anmelder zahlten €uro 60,00, die nächsten 15.000 €uro 90,00 und die restlichen 10.000 waren mit €uro 110,00 dabei.

Ein paar Tage nach dem letztjährigen 40. BMW Berlin-Marathon 2013 konnten sich Interessente in einem Zeitfenster von zwei Wochen für den diesjährigen Lauf 2014 registrieren lassen. Dabei hatten sich 74.707 Läuferinnen und Läufer aus aller Welt einschreiben lassen um einen der begehrten 40.000 Startplätze zu bekommen, da diese erstmalig im Losverfahren vergeben wurden.

Am 31.10.13 erhielt ich die ersehnte e-mail: „Herzlichen Glückwunsch, Du bist dabei!“

Nun hatte ich eine Woche Zeit mich zu entscheiden um mich fest anzumelden. Also meldete ich mich ohne lange zu zögern über den mir zur Verfügung gestellten Link an, auch wenn die Anmeldung stolze Euro 98,00 kosten sollte. Egal! (Euro 98,00 musste übrigens jetzt jeder der 40.000 Teilnehmer berappen.)

In den folgenden Tagen reservierte ich mir in der Jugendherberge Berlin-International ein Doppelzimmer mit Dusche/WC, und die passenden Flüge über AirBerlin auch gleich dazu.

Am Donnerstag, 25.09.14 war es dann endlich wieder soweit:

„Berlin, Berlin, wir fliegen nach Berlin!“

Gegen 10.00 Uhr flog ich mit meinem Vater vom Flughafen Köln-Bonn zum Berliner Flughafen Berlin-Tegel.

Gerne wäre ich auch mal auf dem neuen Berliner Großflughafen BER gelandet. Aber dies wird sicherlich noch etwas dauern. Die Steuerzahler müssen wohl in den nächsten Wochen und Monaten (oder Jahre) weitere €uro’s aus dem Ärmel schütteln.

In Berlin angekommen besorgten wir uns ein 5-Tages-Ticket der Berliner Verkehrsbetriebe um bis einschließlich Montag den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können. Weiter ging es mit Bus und U-Bahn zur Jugendherberge; der Tiergarten war nur gut 500 m entfernt. Dort angekommen mussten wir leider noch eine gute Stunde warten, da unser Zimmer noch nicht fertig war. Also nutzten wir die Zeit an der Bar, mit einem kühlen Berliner Kindl.

Kurze Zeit später machten wir uns auf den Weg zum 2008 geschlossenen ehemaligen Berliner Großflughafen Tempelhof, wo für drei Tage die Marathonmesse zu Hause war.

Der Flughafen Berlin-Tempelhof war einer der ersten Verkehrsflughäfen Deutschlands und nahm 1923 seinen Betrieb auf. Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat weiß, dass der Flughafen nach Ende des 2. Weltkrieges Berühmtheit erlangte. Zwischen dem 26.06.48 bis zum 12.05.49, während der „Berliner Blockade“, wurde der Flughafen als „Berliner Luftbrücke“ dahingehend benutzt, West-Berlin von westdeutschen Städten mit Gütern, vor allem Lebensmittel, zu versorgen. Der Name „Rosinenbomber“ ist dabei legendär.

Hier musste ich meine Startunterlagen abholen. Nach den heimtückischen Bombenattentaten beim Boston-Marathon im April 2013, wurden auch die Sicherheitsstandards beim Berlin-Marathon geändert. Neben New York, Boston, Chicago, London und Tokyo gehört Berlin zur

„World-Marathon-Majors“, und ist somit leider auch für Anschläge anfällig.

Daher musste ich meine Startunterlagen persönlich mit Ausweis abholen und bekam dabei ein Armband angelegt, und nur mit dem und meiner Startnummer auf der Brust hatte ich sonntags Zugang zum Startbereich. Des Weiteren wurden durchsichtige Startbeutel ausgeteilt, in dem ich dann meine persönlichen Sachen abgeben konnte.

Nach der Marathonmesse fuhren wir zum Ostbahnhof und gingen an der „East-Side-Gallery“ entlang bis zur „Oberbaumbrücke“. Die East-Side-Gallery ist das noch längste erhaltene Teilstück der ehemaligen Berliner Mauer.

Im Frühjahr 1990 hatten auf einer Länge von 1,3 km, 118 Künstler aus 21 Ländern dieses Teilstück bemalt. Dabei entstanden gut 100 Gemälde. 2009 wurden diese Bilder zwar replikiert, aber leider sind in der Zwischenzeit viele schon wieder beschmiert worden.

Nach einer ruhigen Nacht und einem guten Frühstück machten wir uns Freitagmorgen auf zum ehemaligen „Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen“. Dieses Gefängnis war zu DDR-Zeiten für die Bürger nicht bekannt. Hier haben wir an einer etwa 2-stündigen Führung teilgenommen. Dort berichtetet uns ein Zeitzeuge von den Haftbedingungen und Erniedrigungen seiner Zeit. Zwischen 1951 und 1989 wurden hier vor allem politische Gefangene inhaftiert und physisch und psychisch gefoltert. Es würde zu lange dauern hierüber zu berichten, deshalb kann ich nur jedem empfehlen, bei einem Berlin-Besuch, diesen Ort zu besuchen. Unbegreifbar, was Menschen anderen Menschen zuführen.

Am Samstagmorgen nahm ich dann am sogenannten „Frühstückslauf“ teil. Dieser Lauf wird seit vielen Jahren einen Tag vor dem Marathon ausgetragen. Dabei gibt es keine Startgebühr und Zeitmessung. Jeder Interessierte kann bis 9.30 Uhr zum „Schloss Charlottenburg“ kommen und mit mehr als 10.000 anderen Läuferinnen und Läufern an diesem 6 km langen Lauf teilnehmen. Ziel ist die blaue Tartanbahn im Berliner Olympiastadion.

Anschließend findet dann vor dem Stadion ein gemeinsames Frühstück statt, mit Kaffe, Wasser, Appelschorle, Berlinern & Rosinenweckchen, Äpfel, Bananen und Müsliriegeln.

Auch dieses war ein tolles Erlebnis, alles ging total locker zu.

Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen des 6. Spieltages der Fußball-Bundesliga. Ich kannte noch eine Sportsbar in der Nähe vom Kuh’damm zu der wir uns aufmachten und guckten dort die Konferenz auf Sky. Schließlich gab es zwei interessante Begegnungen an diesem Nachmittag. Zum einen das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund und zweitens des 1. FC Köln hatte den FC Bayern München zu Gast.

Anschließend war Pasta-Party angesagt. Unsere Jugendherberge bot extra am Tag vor dem Marathon, Nudeln mit zweierlei Soßen an. Da wir nur Übernachtung mit Frühstück gebucht hatten, mussten wir für € 6,50 dieses Essen extra bezahlen. Aber völlig in Ordnung, schließlich konnten man so viel essen wie man(n) wollte.

Danach gönnten wir uns noch ein kleines Fläschchen Berliner Kindl an der Bar und kurze Zeit später ging schon das Licht aus, die Nacht sollte kurz werden.

Um 5.00 Uhr klingelte der Wecker, ein toller Tag sollte folgen.

Die Jugendherberge hatte extra das Frühstück an diesem Morgen von 6.45 Uhr auf  6.00 Uhr vorgezogen, hatten doch bestimmt gut 30-40 Marathonis die Jugendherberge als Übernachtung genutzt.

Kurz nach 7.00 Uhr standen wir an unserer Bushaltestelle direkt vor der Tür und warteten auf den Bus. Leider kam dieser nicht, so dass wir uns per Pedes auf dem Weg zum ca. 2 km entfernten Reichstag machten.

Dort traf ich mich mit meinem Arbeitskollegen Berti und einem Freund, Stefan, der heute seinen ersten Marathon laufen sollte.

Nach dem wir beim Zutritt in den Startbereich überprüft worden waren, gaben wir unsere Starterbeutel an dem für uns zuständigen Zelt ab und kämpften uns durch den Tiergarten zu unserem Startblock. Wahnsinn, was für eine Masse von Läuferinnen und Läufern hier unterwegs waren. In unserem Startblock auf der „Straße des 17. Juni“ war bereits eine tolle Stimmung, noch ca. 20 Minuten war Zeit bis zum Startschuss.

Pünktlich um 8.45 Uhr wurde durch Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit der Startschuss abgegeben, die Topläufer und die ersten Blöcke machten sich auf den Weg. Eine gute halbe Stunde sollte vergehen, bis auch wir über die Startlinie liefen und dadurch unsere Zeitnahme auslösten.

Erstes Highlight war kurz nach dem Start die „Siegessäule“, an der wir links oder rechts vorbeilaufen konnten. Etwas weiter, am „Ernst-Reuter-Platz“, liefen wir sofort aus dem Kreisverkehr rechts Richtung Moabit, und bei km 7 ließen wir links den „Berliner Hauptbahnhof“ liegen; am „Bundeskanzleramt“ und der „Schweizer Botschaft“ vorbei direkt über die Rheinhardtstr. auf den „Friedrichstadtpalast“ zu.

Weiter ging es die nächsten Kilometer, bis wir kurz nach Kilometer 11 auf die breite „Karl-Marx-Allee“ bogen, auf der zu DDR-Zeiten Militärparaden abgehalten wurden. Bei Kilometer 12 wurde der „Strausberger Platz“ zu dreiviertel umrundet und ein paar hundert Meter weiter gelangten wir über die Spree in den Bezirk „Friedrichshain-Kreuzberg“.

Etwa nach Kilometer 15 wurde der alte U-Bahnhof „Kottbusser Tor“ passiert und danach am „Hermannplatz“ erwartete uns die nächste Stimmungs-Hochburg.

Kurz nach dem S- und U-Bahnhof „Yorckstr.“ war die HalbMarathonmarke, die ich in etwas mehr als zwei Stunden in 2.02.21 h passierte. Zum Vergleich, die Siegerzeit sollte am heutigen Tag 2.02,57 Std. betragen, für die doppelte Streckenlänge, welches einen neuen Weltrekord bedeuten sollte.

Auf den folgenden Kilometern wurde uns Läufern dann auch des Öfteren mitgeteilt, dass es zum wiederholten Male einen neuen Weltrekord in Berlin gab.

Sehr stimmungsvoll ist auch immer der Kilometer 28,5 wenn man am „Platz am wilden Eber“ vorbei kommt. Hier machen eine Bühne, Cheerleaders am Rand und viele Menschen einen Höllenlärm, Gänsehaut pur.

Bei Kilometer 33,5 bogen wir auf den Kurfürstendamm, den wir für gut 1,5 Kilometer unter die Füße nahmen, bis wir an der „Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche“ über die „Tauentzienstr. bis zum „KaDeWee“ am „Wittenbergplatz“ liefen.

Super toll war, bei Kilometer 38,5 der „Potsdamer Platzes“, mit dem bekannten „Sony-Center“. Anschließend am „Bundesrat“ und dem „Bundesministerium der Finanzen“ vorbei, bis wir zwischen Kilometer 40 und 41 den imposanten „Gendarmenmarkt“ passierten.

Und dann kam der allerletzte Kilometer, wir bogen auf die Straße „Unter den Linden“, von weitem war schon das „Brandenburger Tor“ zu sehen, links und rechts standen Menschen dicht an dicht hinter den Absperrungen; immer wieder ein bewegendes Gefühl, wobei man(n) kurz davor ist, „Pippi“ in die Augen zu bekommen.

Vorbei am „Hotel Adlon“, der „Amerikanischen“ und „Französischen Botschaft“, und weiter durchs „Brandenburger Tor“. Dahinter wurde es noch gigantischer, in ein paar hundert Meter sahen wir schon das Ziel. Links und rechts waren Behelfstribünen aufgebaut, eine bestimmt ca. 30 m2 große LED-Wand zeigte viele Läufer in Großaufnahme.

Nach 4 Stunden, 23 Minuten, 55 Sekunden und einigen dutzend gemachten Fotos im Gepäck erreichte ich dann glücklich die Ziellinie.

Zum vierten Mal war ich nun in Berlin dabei, und immer wieder ist es ein tolles, imposantes Erlebnis. Jedes Mal bei perfektem Wetter, mit fast immer wolkenlosem Himmel und dreimal wurde dabei der aktuelle Weltrekord der Männer gebrochen; dieses Mal der erste Läufer der unter 2 Stunden und 3 Minuten blieb.

Mal sehen, wie es für nächstes Jahr aussieht, am 18.10.14 begann die Registrierung für 2015. Ich werde auf jeden Fall versuchen, wieder einen Startplatz zugelost zu bekommen.

 

 

Andreas Börste